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Geschichte

Entstehung des Tales

Bei der Entstehung des heutigen Tales spielten vor ca. 15'000 Jahren zwei Bergstürze wichtige Rollen: Einerseits der Bergsturz von der Bire und andererseits der Fisibergsturz. Beide Ereignisse trugen dazu bei, dass das Talgebiet von Kandersteg bis nach Innerkandergrund durch Eis und Blocksteinmaterial überdeckt wurde. Beim Abschmelzen der Eismassen entstanden im Blockgebiet Hohlformen, die teilweise bis heute als solche zu erkennen sind. Paradebeispiele für solche Hohlformen sind der Blausee und der Riegelsee.

Nachforschungen haben ergeben, dass bereits vor 70‘000 Jahren die ersten Menschen das Kandertal besiedelt haben. Bei diesen Siedlern handelte es sich um Höhlenbewohner.

Besiedlung und Herrschaft

Nachforschungen von Oskar Trachsel, Thun (aufgewachsen in Mitholz), neu niedergeschrieben von Samuel Trachsel, Mitholz, finden Sie hier „aus der Geschichte des Kandertals“.

Politische Entwicklung

Kandergrund gehörte ursprünglich zur Gemeinde Frutigen. 1850 erfolgte die Abtrennung von Frutigen. Kandergrund wurde eine selbständige Gemeinde mit den Bäuerten Ausserrüteni, Innerrüteni, Kandergrund, Mitholz, Kandersteg und Gastern.

1908 schliesslich kam es zur Trennung zwischen Kandergrund und Kandersteg. Kandersteg hatte nach der Erschliessung durch die BLS Lötschbergbahn und den aufkommenden Tourismus an Bedeutung gewonnen und wurde eine eigenständige Gemeinde. Das ursprüngliche Gemeindegebiet fiel zu 3'208 ha an Kandergrund und zu 13'386 ha an Kandersteg.

Einige geschichtlichen Daten herausgepickt

1740: Mit dem Bau des Schulhauses in Mitholz wurde die erste Schule in der Gemeinde eröffnet.

1778: In Reckental, Kandergrund, konnte ebenfalls ein Schulhaus gebaut werden.

1850: Die politischen Gruppierungen bestanden aus zwei Parteien. Auf der einen Seite die Konservativen (Schwarze), auf der anderen Seite die Liberalen (Weisse). Kandergrund war mehrheitlich schwarz.

1907: Es wurde ein erstes Baureglement in Kraft gesetzt.

1908: Trennung der Gemeinde Kandergrund in Kandergrund und Kandersteg. Der Nachtrag zum Gemeindereglement wurde am 10. April 1909 vom Regierungsrat des Kantons Bern sanktioniert und am 12. April 1909 fanden die Gemeindewahlen statt. Es wurden gewählt: Als Gemeindepräsident Johann Reichen, als Obmann Albert Wandfluh, Gemeindeschreiber und Gemeindekassier Samuel Stoller, Gemeinderäte für Kandergrund Fritz Stoller, Gäbi, Samuel Reichen-Reichen, Albert Stoller, Samuel Wandfluh-Zurbrügg und für Mitholz Fritz Salzmann, Laueni und Christian Reichen, Tiefenmatti.

1918: Generalstreik im November, dieser führte 1919 zur Gründung der politischen Parteien. Auch in Kandergrund entstanden Sektionen der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) und der Sozialdemokratischen Partei (SP).

1930: Die Sozialdemokraten konnten in der Person von Gottfried Brunner, Lehrer, ein Mitglied des Grossen Rats stellen.

1932: Die Parteisektionen wurden aufgelöst, und die Heimatwehr (eine Partei, die der Frontenbewegung und damit dem deutschen Nationalsozialismus, resp. dem italienischen Faschismus nahe stand) fand im Berner Oberland und auch in der Gemeinde Kandergrund viele Anhänger. Die Ursachen der Gründung war unter anderem die weltweite Wirtschaftskrise. Die Entwicklung des 2. Weltkriegs führte dazu, dass sich die Heimatwehr im Jahr 1942 wieder auflöste.

Wirtschaftliche Entwicklung

Die Gemeinde war von jeher vorwiegend landwirtschaftlich orientiert. Im Verlaufe der Zeit konnte etwas Industrie und Gewerbe angesiedelt werden.

1907: Bau der Dienstbahnlinie Frutigen - Kandersteg.

1907 - 10: Bau des Wasserkraftwerkes Kandergrund der BKW, hauptsächlich zur Versorgung der BLS. Im Kraftwerk Kandergrund fanden verschiedene Arbeiter eine willkommene Anstellung.

1907 - 13: Bau der Lötschbergbahn. Der Bau erfolgte in verschiedenen Losen, wobei die Arbeit zum grossen Teil durch italienische Arbeitskräfte ausgeführt wurde. Während des Bahnbaus waren in der Gemeinde Kandergrund elf Gastwirtschaften, zwei Bäckereien, zwei Metzgereien und sieben Verkaufsgeschäfte vorhanden. Teilweise betrieben italienische Arbeiter oder Angehörige diese Geschäfte.

1928 - 72: Das Unternehmen Gehring beschäftigte in den Zündholzfabriken Kandergrund und beim Schwimmbad Frutigen zeitweise um die 70 Arbeiter und 10 Angestellte. Die Jahresproduktion an "Barri"- und "Tourist"-Zündhölzern und bengalischem Feuerwerk betrug zwischen 1, 7 Mio. und 2,8 Mio. Paketen. Etwa 50 Arbeiter und Angestellte arbeiteten bis zur Schliessung des Betriebes am 1. August 1972 in der Fabrik Kandergrund. Noch heute stehen einzelne Gebäude aus dieser Zeit.

1940 - 49: Während der Zeit des 2. Weltkrieges wurden in unserer Gemeinde 3 Kohlebergwerke betrieben:

Kander-Kohle AG Kandergrund, Grube "Lindi".

Bergbaugesellschaft Kandergrund AG, Grube "Horn".

Bergwerk Schlafegg AG, Grube "Schlafegg".

Die drei Bergwerke des Kandertals halfen in der schweren Zeit des 2. Weltkrieges mit, die Versorgung unseres Landes mit Kohle sicherzustellen. Zudem boten sie einem Teil der einheimischen Bevölkerung Verdienst. Als die Versorgung aus dem Ausland nach dem Krieg wieder zu spielen begann, wurde der Kohleabbau aus Rentabilitätsgründen eingestellt.

Eine authentische Dokumentation über das Bergwerk Schlafegg AG, erstellt durch den damals leitenden Ingenieur Eduard Böringer, kann bei der Gemeindeverwaltung gerne eingesehen werden.

1948: Erweiterung des Wasserkraftwerkes der BKW.

1989 - 91: Bau des neuen Wasserkraftwerkes der BKW

1995 - 2007: Bau des Sondierstollens Frutigen - Mitholz und des NEAT Basistunnels Lötschberg.

1998: Schliessung Postbüro Mitholz.

2003: Schliessung Poststelle Kandergrund.

2002: Verlegen der Kantonsstrasse am Allmistutz in einen Tunnel. Die Strasse und damit die Verbindung nach Kandersteg wird wintersicher und vor Lawinen geschützt. Im Sommer 2003 wird eine Absenkung der Tunnelröhre und im Sommer 2004 werden gar Risse festgestellt. Der Tunnel muss geschlossen und eine Notstrasse gebaut werden. Erst in den Jahren 2008/09 erfolgt die Sanierung des Tunnels und im Herbst 2009 kann er wieder für den Verkehr freigegeben werden.

2011: Der Tunnel wird durch das Hochwasser vom 10. Oktober 2011 derart beschädigt, dass eine neuerliche Sanierung erfolgen muss. Erst im Juli 2012 kann er wieder befahren werden.

Katastrophen

1945: Erdrutsch in Blausee-Mitholz

Am 22. August 1945 kurz vor 15.00 Uhr ging vom bewaldeten Schuttkegel im Gebiet underem Büel ein gewaltiger Erdrutsch nieder, riss zwei Wohnhäuser und zwei Scheunen mit und überdeckte das Kanderbett auf einer Breite von 200 m haushoch mit Schutt, Steinen und Baumstämmen. Der gestaute Fluss suchte sich einen neuen Weg und ergoss sich über den Allmistutz die Staatsstrasse hinunter. Ein Teil der Wassermassen ergoss sich von hier über das Anwesen von Samuel Trachsel und bildete in der Rossweide einen See, dessen Ausfluss in den Stegenbach mündete. Der andere Teil folgte der Staatsstrasse bis zur Stegenbachbrücke und floss hier in das Bachbett des Stegenbaches. Das Dorf selber wurde von den grössten Wassermassen verschont. Trotzdem forderte die Katastrophe zwei Menschenleben.

Bericht des damaligen Gemeindepräsidenten

1947: Explosion des Eidg. Munitionsmagazins in Mitholz

Bei der Explosion des Eidg. Munitionsmagazins in Mitholz kamen in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 1947 neun Menschen ums Leben. Über 7‘000 Tonnen Munition im Depot unter der "Fluh" explodierten. Viele Gebäude in Mitholz wurden zerstört oder stark beschädigt. Trotz eingehenden Untersuchungen konnte die Ursache der Explosion nie verlässlich ermittelt werden. Die Schadensumme betrug Fr. 100 Mio. Gegen 20 Häuser wurden durch Zimmerleute aus dem Frutigtal neu aufgerichtet. Verschiedene Hausinschriften, die auf die Explosionskatastrophe hinweisen, sind noch heute an den Gebäuden zu lesen:

Höllisch mitten in der Nacht
Hat's gedonnert und gekracht
Himmelsfriede steig hernieder
Mach getrost und froh uns wieder

Ein Schrecken lief durchs ganze Land
Als unser Dorf zerstört, verbrannt
Nun ist die Freude eingekehrt
Da uns ein Neues ist beschert

Im Jahr 1997 veranstaltete die Gemeinde zum Gedenken an die Katastrophe einen Anlass, der in der Region grosse Beachtung fand. Vor allem die ausgestellten Fotos und Schriftdokumente aus dieser schweren Zeit stiessen auf grosses Interesse. Dokumente dieser Ausstellung können Wunsch gerne bei der Gemeindeverwaltung eingesehen werden. Die Gedenkfeier im Jahr 2007 wurde in schlichtem Rahmen ausschliesslich für die Bevölkerung der Gemeinde Kandergrund abgehalten. Beim ehemaligen Stolleneingang in Richtung Bahnhof gedachten die Anwesenden der Opfer und des Leids.

Eine Studienarbeit von Roland Hasenfratz über die Explosionskatastrophe sowie diverse Unterlagen und Fotos können bei der Gemeindeverwaltung eingesehen werden.

Bericht des damaligen Gemeindepräsidenten

Im Juni 2018 macht das VBS bekannt, dass von den 7'000 Tonnen eingelagerter Munition bei der Katastrophe nur rund die Hälfte explodiert ist und die andere Hälfte immer noch im Stollen liegt. Ein Zwischenbericht einer Expertengruppe kommt zum Schluss, dass im ehemaligen Munitionslager Mitholz ein höheres Risiko für eine weitere Explosion besteht als bisher angenommen. Das VBS verspricht, eine Arbeitsgruppe zur Festlegung des weiteren Vorgehens einzusetzen und Bundesrat Guy Parmelin verspricht der Bevölkerung anlässlich einer Informationsverwanstaltung in der Turnhalle Mitholz: "Ich will das Problem lösen." Die Information löst Unruhe aus. Die Gemeinde fordert unmissverständlich, dass für sie nur eine Räumung der Muntionsreste als akzeptable Löstung in Frage kommt. Der weitere Verlauf ist offen und wird auf dieser Seite laufend nachgetragen. Tagesaktuelle Infos erhalten Sie auf der Infoseite des VBS oder unter "Aktuell".

1987: Übertragungskatastrophe durch den Stägebach in Blausee-Mitholz

Nach einem heftigen Gewitter mit Hagel im Gebiet Giesenen/Feeschtertal verstopfte mitgerissenes Holz den Durchlass der Stegenbachbrücke beim Schützenhaus Mitholz. Das Wasser ergoss sich der Staatsstrasse entlang mitten durch das Dorf Mitholz. Keller wurden überflutet, Gärten und Land übertragen. Feuerwehr und Zivilschutz standen den Betroffenen bei der Räumung der Schäden helfend zur Seite.

1998/1999: Lawinenwinter

Wie im ganzen Alpengebiet herrschte auch in unserer Gemeinde grosse Lawinengefahr. Die Staatsstrasse musste wegen der Mitholzlawine (von der Bire) während 12 Tagen gesperrt werden. Kandersteg war nur noch per Bahn zu erreichen. Verschiedene Personen mussten durch den Gemeindeführungsstab aus gefährdeten Gebäuden evakuiert werden. Bei spektakulären Lawinenniedergängen in der Kandergrundallmi und von der Bire in Mitholz entstand Schaden an Wald und Gebäuden. Personen kamen glücklicherweise nicht zu schaden.

26.12.1999: Sturm "Lothar"

Ein Orkan verwüstete die Gegend. Kandergrund wurde regional gesehen am stärksten betroffen. Zahlreiche Gebäude - vor allem in den Gebieten Becki, Reckental und in Mitholz - wurden sehr stark beschädigt. Die Bevölkerung der Region und der ganzen Schweiz zeigte sich sehr solidarisch und nahm grossen Anteil an den Geschehnissen. Trotz der grossen materiellen Schäden mussten glücklicherweise und wie durch ein Wunder weder Verletzte noch Tote beklagt werden.

2005: Hochwasser in der ganzen Schweiz

Andauernde und heftige Niederschläge liessen die Gewässer im August 2005 in der ganzen Schweiz extrem ansteigen. In der Folge traten Bäche und Flüsse über die Ufer, ganze Dörfer wurden teilweise völlig verwüstet. Im Oberland waren Brienz und Oey-Diemtigen am stärksten betroffen, in unserem Amt traf es insbesondere Kien (Gemeinde Reichenbach) und Kandersteg. Kandergrund kam glimpflich davon, lediglich die Brücken über die Kander an der BKW-Strasse und im Reckental wurden unterspült und stürzten ein. An der BKW-Strasse wurde eine Notbrücke erstellt. Der Ersatzbau im Reckental konnte im Juni 2006 bereits vollendet und dem Verkehr übergeben werden, die Brücke an der BKW-Strasse wurde im Frühling 2007 fertig.

2011: Hochwasser vom 10. Oktober 2011

Nach enormen Schneefällen und einem anschliessenden Wärmeeinbruch mit starken Niederschlägen kam es im Lötschen- und Kandertal zu grossen Überflutungen. Die Kander trat im Gebiet Underem Büel, Mitholz über die Ufer, verliess ihr altes Bachbett und floss via Schlossweid und Lawinenschutztunnel Mitholz ins Dorf Mitholz hinein. Die Wassermassen richteten grosse Schäden an Kulturland aber auch an Gebäuden und Infrastruktur an. Dank des raschen Einsatzes von Armee, Zivilschutz und privaten Helfern konnten innert kürzester Zeit grosse Fortschritte bei den Aufräumarbeiten erzielt werden. Das gute Herbstwetter bis in den Dezember hinein trug ebenfalls zum raschen Vorwärtskommen bei. Während des Winters und des ganzen nächsten Jahres mussten grosse Reparaturarbeiten an den Gewässern vorgenommen werden, damit zukünftige Hochwasser nicht erneut Schäden anrichten können. Vier Brücken, die in der Zuständigkeit der Gemeinde liegen, müssen neu gebaut werden, Kostenpunkt ca. Fr. 1,4 Mio. Die Arbeiten an den Gewässern wurden auf Fr. 5.5 Mio. veranschlagt. Insgesamt belaufen sich die gesamten Schäden Infrastruktur und privatem Eigentum im Kandertal auf Fr. 29.6 Mio., davon alleine in der Gemeinde Kandergrund rund Fr. 14.0 Mio.

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